Nach dem missglückten Versuch einer mehrtägigen Gepäcktour auf der Drau im letzten Jahr, die uns dafür zwei wunderschöne Tagestouren auf der Möll bescherte, beschlossen wir auch dieses Jahr wieder an die Möll zu fahren. Und weil die Soca in relativer Nähe ist, ging es nach ein Paar Tagen Möll weiter nach Bovec/Slowenien.
Die Anreise war für mich etwas turbulent, weil ich Sonntags noch bis 13 Uhr arbeiten musste. Also alles ins und aufs Auto geschmissen, zur Arbeit, und dann direkt auf die Autobahn. Im Sport-Aktiv-Camp in Obervellach warteten dann spät abends schon viele nette Menschen und ein kaltes Getränk auf mich. Direkt an der Möll genau zwischen den zwei gut fahrbaren Strecken gelegen, ist das Camp das ideale Basiscamp fürs Paddeln an der Möll. Selig im Urlaub angekommen, schlummerte ich mit der rauschenden Möll keine 10m entfernt ein.
Montag
Am nächsten Tag ging es dann aufs Wasser. Von Obervellach sollte es bis zum Campaluna Campingplatz (der eine gute Alternative sein soll) gehen. In der Aufregung vergaß ich glatt die Kamera ans Boot zu stecken. Nach dem Einbooten kam erstmal die Ernüchterung. Waren hier nicht letztes Jahr schon am Anfang ordentliche Wellen? Egal, wir genossen das sich um uns weitende Panorama. Doch dann ging es richtig rund. Hohe Wellen, hin und wieder Steine im Weg, jede Menge Wasser im Gesicht und auf der Spritzdecke. Da haben sich wohl zwischen den Jahren einige Steine verschoben oder der Wasserstand war deutlich anders. Gefühlt waren die Wellen dieses Jahr höher und der Anfang deutlich harmloser. Wildflüsse verändern sich und Erinnerungen vielleicht auch…
Kurz vor dem Ende riss mich dann eine Querstömung bzw. eine unsaubere Linie ins Wasser. Zum ersten Mal bin ich in hohen Wellen gekentert… Der Ausstieg klappte ganz gut, aber das Über-Wasser-Halten war deutlich anspruchsvoller als bei ruhigeren Wasser. Leider hat die Möll recht wenig Kehrwässer, so dass es eine Weile dauerte, bis ich wieder an Land kam. Aussteigen und Wurfsackwerfen war für die Anderen kaum möglich. Zum Glück bin ich ja mit geübten Paddler:innen unterwegs, sodass sofort die Rettung in Arbeitsteilung startete. Christiane blieb mit ihrem Boot in meiner Nähe und half mir dann ins nächste Kehrwasser. Christof und David kümmerten sich um mein wegtreibendes Boot, das sich allerdings etwas wehrte. Am Ende musste ich mich wegen des steil abfallenden Ufers erst durch die Brombeeren zur nächsten Straße durchschlagen und dann etwa 400m bis zu den Anderen laufen. Die hatten dann schon mein Boot geleert und wir konnten, sobald ich wieder zu Atem gekommen war, das letzte Stückchen bis zum Ausstieg paddeln. Dort erwarteten uns schon Lidia und Ruby. Danach gab es Wiedereinstiegs- und Kenterübungen mit jeder Menge Spaß.
Ein rundum gelungener Tag, der mit einer leckeren Hähnchen-Gemüse-Pfanne in gemütlicher Runde einen guten Abschluss gefunden hat. Apropos: Ruby ist eine tolle Person. (Das soll ich schreiben, sagt Ruby. 😉 )
Dienstag
Am zweiten Tag stand der Abschnitt von der Slalomstrecke bis zu unserem Campingplatz auf dem Programm. Weil der Pegel vom Kraftwerk abhängig ist, waren wir in der Zeitplanung wie schon am Vortag etwas eingeschränkt. Bis zum angekündigten Gewitter um 17 Uhr war aber noch genug Zeit. Also schnell in die Boote – die anderen direkt beim Einstieg zur Slalomstrecke, für mich direkt darunter. Direkt das zweite Boot, das mir die letzte Stufe der Strecke entgegen kam, kenterte und dort kam dann auch der Wurfsack zum Einsatz. An der Stelle der Möll gibt es glücklicherweise noch reichlich Kehrwässer. Kurz nach der Weiterfahrt riss es mich dann wieder um. Erneute Pause, Boot auslehren und … Wo war eigentlich David geblieben? Suchende Blicke und wir fanden ihn flussaufwärts an Land. Auch ihm war ein kaum sichtbarer Stein im Weg und kurze Zeit später kam erst sein Boot und dann er auf uns zugetrieben. Sehr lehrreich war die Rettung und Bergung von beiden. Lidia barg am Seil gesichert das Boot und wir anderen hielten Wurfsäcke für den Schwimmer bereit, der aber selbstständig zu uns fand.
Beim Boot ausleeren fing es an zu regnen und zu donnern. Drei Stunden zu früh! Keine zwei Minuten später bildete sich dichter Nebel über der Wasseroberfläche und das Gewitter kam immer näher. Der Abbruch der Tour wurde damit unvermeidlich, allerdings mussten wir noch den Fluss überqueren. Und es war wie verhext: bei den 400m bis zum nächsten Kehrwasser auf der anderen Seite bin ich noch mal gekentert. 🤦 Passend zu unserem Ausstiegspunkt kam ich an Land. Wir waren gerade mal einen Kilometer weit gekommen! Nunja. Die Hälfte suchte in einer grob zusammengezimmerten Hütte Unterschlupf, während die anderen mit mulmigem Gefühl im Gewitter zu den Autos zurück liefen.
Völlig durchnässt endete die Tour, was unserer guten Laune allerdings keinen Abbruch tat. Nach der warmen Dusche freuten wir uns auf den Pizzatag in der Gastronomie des Campingplatzes.
Mittwoch
Obwohl wir durch den Abbruch der gestrigen Tour nicht unsere komplette Wunschstrecke auf der Möll gefahren waren, brachen wir Richtung Slowenien auf. Der Wetterbericht für Obervellach war für die nächsten Tage derart schlecht, dass wir unser Glück lieber an der Soca suchen wollten. Die Fahrt gestaltete sich entsprechend aufregend. Gewitter, Starkregen und Aquaplaning erschwerten das Vorankommen. Um so schöner war unser Zwischenstopp am Predilsee. Der bedrohliche Himmel riss auf und ließ den See smaragdgrün erstrahlen. Lidia und ich holten unsere Boote vom Dach, um das Gewässer in der beeindruckenden Bergkulisse auf eigene Faust zu erkunden. Kleine Wasserfälle, die sich nach dem Gewitter gebildet hatten faszinierten mich ebenso wie die fast ausgetrockneten Zuläufe und die Fauna und Flora im und um den See. Die kurz hinter mir paddende Lidia wurde von einer hektisch winkenden Filmcrew vertrieben, die uns schon auf dem Parkplatz aufgefallen war. So kam sie deutlich früher zum Startpunkt zurück und ihr Boot konnte für Kenter- und Rollübungen von David und Ruby genutzt werden.
Nach dem Pass und dem Grenzübergang nach Slowenien gab es im Kamp Toni eine fröhliche Begrüßung von bekannten und unbekannten Menschen, die uns einen Platz freigehalten hatten.
Nach dem Zeltabbauen, Fahren, Paddeln und Zeltaufbauen (teilweise im Regen) hat es dann gerade noch für Spaghetti mit Pesto gereicht.
Donnerstag
Ein kaputtes Knie, Rückenschmerzen von einem anderen Stern und einen heftigen Sonnenbrand – das alles habe ich mir auf der Panoramastrecke an diesem Tag eingehandelt. Aber von Anfang an: “Jeder sollte als erste Tour auf der Soca die Panoramastrecke paddeln” sagte Christof, also: gesagt, getan. Nach dem ersten Einwackeln und den ersten Traversen am Startpunkt ging es los. Was soll ich sagen, die Panoramastrecke verdient ihren Namen sowas von! Nach dem ersten Schwall ging es dann für Lidia und mich, aber auch für die deutlich erfahrenere Christiane ans Üben in der Strömung. Einschlingen, Ausschlingen, Traversieren. Christof gab Tipps und Anweisungen. Drei Kenterungen ohne erfolgreiche Querung der Strömung hatte ich hinter mir und war trotzdem noch guter Laune. Christof hatte aber Erbarmen und stieg aus seinem Gummi-Kanadier, um mir in meinem Boot zu zeigen, wie es funktioniert. Nach zwei Traversen rief er frustriert über das Rauschen der Strömung: “Der geht ja gar nicht um die Kurve, das ist ein Wanderboot! Und total buglastig!” – Puhhh, was für ein Glück, dann bin ich vielleicht doch nicht sooo ungeschickt! Danach übte ich dann in etwas weniger heftiger Strömung und dort klappte es dann auch meistens mit den geforderten Manövern. Gut, wenn man jemanden dabei hat, der Ahnung hat. Und gut, dass zusätzlich jemand dabei war, der mir den Wurfsack werfen konnte, wenn ich mal wieder schwimmen musste. (Grüße an Ruby, die auf der vorderen Platz des Kanadiers paddelte und an der Übungsstelle für die Absicherung zuständig war.)
Danach gab es eine schöne Tour mit beeindruckendem Ausblick, schönen Schwällen, weiteren Übungen an verschiedenen Kehrwässern und Planschen am Ausstieg. Völlig fertig ging es dann zurück zum Einstieg und erst das wohlverdiente Eis beim Prijon Sport Center brachte meine Lebensgeister wieder zurück.
Abends gingen wir Essen und schlugen uns die Bäuche mit den reichlichen Portionen bei Gostišce Vančar voll. (Für alle, die vorher im Camp schon Hunger hatten, gab es Pancakes vom Trangia-Kocher.)
Freitag
Mein letzter voller Tag in Slowenien sollte eine gemütliche Tour werde – die Strohhuttour – wie Christof sie nannte. Nach dem gestrigen Üben und ein paar unschönen Grundberührungen war die Luft für große Herausforderungen einfach raus. Geplant war die Fahrt von Kobarid bis Tolmin. Nicht mehr als Wildwasser 1-2 sollte es werden und auch der Wetterbericht sah das Gewitter erst viel später ankommen. Keine Helme, nur Strohhüte, hieß die Devise. Also rein in die Autos und ran an die Einstiegsstelle. Die wartete sogar mit einer Umkleidekabine und einer recht steilen Treppe auf. Hier wurde mal wieder deutlich, dass Paddler zu den freundlichsten Menschen der Welt gehören. Mein Boot stand keine 30 Sekunden an der Treppe, schon fragte ein unbekannter Paddler ob er helfen könne und trug meinen doch etwas dickeren Dagger Katana 10.4 mit mir zum Ufer.
Auch wenn das Wetter nicht berauschend war, konnte man doch die Schönheit der Landschaft sehen. So gerade vor der Welle braunen Flusswassers, die wir unterwegs gesehen hatten, schmiegte sich die Soca türkisblau in ihr Tal. Nach den ersten paar hundert Metern dann die Überraschung: Der Fluss hatte sich seit letztem Jahr so sehr geändert, dass aus einer harmlosen Stelle ein für Anfänger nur schwer zu passierendes Etwas wurde. Christof fuhr mit Ruby, die zum ersten Mal in einem Wildwasserkajak saß*, im Päckchen die Stelle herunter und setzte prompt auf. Unten angekommen winkte er mir, ich solle lieber umtragen. Christiane meisterte die Stelle ohne Probleme. Danach machte die Strecke ihrem Namen alle Ehre. Kleine Schwälle, ruhige Passagen und gemütliches Paddeln. Irgendwann ging es dann direkt neben uns eine viel befahrene Straße entlang und ein LKW rumpelte kaum zu überhören durch ein Schlagloch… Moment, das war kein LKW, das war Donner! Schnell überlegten wir wo wir Schutz finden könnten und schafften es schnell zu einer Brücke, die sich sogar als der offizielle Ausstiegspunkt bei Kamno herausstellte. Nach ein paar Minuten hoffen und Wetterradar checken wurde klar, dass auch diese Tour abgebrochen werden musste. Schade, aber dieser Gewitterabbruch hatte wenigstens mehr als zwei Kenterungen und einen Kilometer Strecke gebracht. Dank der im Camp wachsam aufs Wetter achtenden Lidia brauchten wir keine Viertelstunde auf unser Shuttle zu warten. Pitschnass aber trotzdem fröhlich machten wir uns auf den Rückweg.
Dort angekommen gab es einen Grill voll Chevabchichi mit Beilagen. Nachdem das Gewitter langsam verklungen war, lag ein Duft von Grillkohle und trocknendem Neopren über dem ganzen Kamp Toni; Ruby philosophierte über Gemüsefischstäbchen; und ich musste wehmütig daran denken, dass ich schon am Morgen des nächsten Tages meine Heimreise antreten musste.
Mit dem Gedanken “Schön war’s, nächstes Jahr wieder” schlief ich ein.
*sie trug natürlich einen Helm